Im Bereich der kognitiven Verhaltenstherapie ist das Expositionsverfahren ein bewährtes Mittel, um mit Ängsten umzugehen. Hierbei handelt es sich um eine direkte Konfrontation mit dem angstauslösenden Reiz. Dieses Vorgehen ist äußerst wirkungsvoll: Die angstbesetzten Pfade im Gehirn können durch neue Erfahrungen "neu belegt" werden. Der Mensch lernt, dass er die Situation überstehen kann, und gewinnt so nicht nur neue Freiheit, sondern auch ein Stück Selbstwirksamkeit.
Wenn wir jedoch auf die Hundeszene schauen, begegnen wir einem anderen Bild. Es gibt nach wie vor viele Stimmen, die konfrontative Verfahren bei Hunden anprangern. Es ist unbestritten, dass Hunde während solcher Übungen nicht immer glücklich wirken. Zudem haben Hunde nicht die gleiche Entscheidungsfreiheit wie Menschen, wenn es darum geht, sich diesen Ängsten zu stellen.
Aber rechtfertigt es, einen Hund im Käfig seiner Angst zu fesseln und ihm ein Leben voller Einschränkungen zuzumuten? Meiner Meinung nach eindeutig nicht.
Der Unterschied zwischen Flooding und Habituationstraining
Es ist wichtig, zwischen zwei Arten von konfrontativen Verfahren zu unterscheiden: der direkten Konfrontation, bei Hunden auch "Flooding" genannt, und dem schrittweisen Vorgehen, das als "Habituationstraining" bekannt ist. Beim Flooding wird der Hund sofort und in hoher Reizlage mit dem angstauslösenden Stimulus konfrontiert.
Im Gegensatz dazu erfolgt beim Habituationstraining die Konfrontation schrittweise. Hierbei wird der Hund zunächst in eine niedrige Reizlage gebracht. Sobald er entspannt reagiert, kann die Trainingseinheit beendet werden, und im nächsten Schritt (z.B. an einem anderen Tag in einer ähnlichen Situation) wird die Reizlage allmählich erhöht. Das Ziel ist es, eine Herausforderung zu schaffen, die der Hund gemeinsam mit seinem Menschen bewältigen kann.
Die Bedeutung einer tragfähigen Beziehung
Die Grundlage für jede Art der Konfrontation ist eine tragfähige Mensch-Hund-Beziehung. Wenn Vertrauen und Sicherheit zwischen Hund und Halter:in bestehen, kann der Hund eher lernen, mit seinen Ängsten umzugehen. Techniken wie die Nähe des Hundes einzufordern oder selbstbelohnende Flucht zu unterbrechen, können ebenfalls hilfreiche Ergänzungen zu einem erfolgreichen Training darstellen.
Es ist ratsam, bei Habituationstraining einen gut ausgebildeten Trainer oder eine Trainerin zurate zu ziehen. Besonders bei Konfrontationen in hoher Reizlage und bei großer Angst ist die fachliche Begleitung unerlässlich.
Fazit
Ja, der Weg aus der Angst führt durch die Angst – hin zur Freiheit. Doch der individuelle Weg ist entscheidend. Jeder Hund und jeder Mensch ist einzigartig, und das Training sollte entsprechend angepasst werden. Mit Geduld, Verständnis und den richtigen Techniken können wir unseren Hunden helfen, ihre Ängste zu überwinden und ein erfülltes Leben zu führen.
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