Unterstellungen, wenn im Hundetraining auch mit Bestrafung gearbeitet wird

Unterstellungen, wenn im Hundetraining auch mit Bestrafung gearbeitet wird

Unterstellungen, wenn im Hundetraining auch mit Bestrafung gearbeitet wird


Im Training würde mit Bestrafung gearbeitet aus folgenden Gründen:

  • Unwissenheit
  • Hilflosigkeit
  • Veraltete Vorstellungen von Erziehung
  • Keine Moral / Spaß an Unterdrückung
  • Weil es sich einfach gemacht werden will

Vorweg: Es gibt im Hundetraining Extreme in beide Richtungen. Diese Extreme haben für uns nichts mit verantwortungsvollem Training zu tun. Kleine Werkzeugkoffer im Kopf und mangelnde Kreativität führen nicht zu einer Qualität im Bereich Beratung und Anleitung von Menschen mit Hunden.

Im Folgenden sprechen wir über unsere Arbeit. Wir wissen, dass es viele tolle Kolleg:innen gibt, die sich auch in diesem Bereich fernab der Extreme wiederfinden und kreativ, neugierig, wohlwollend und professionell ihrem Beruf nachgehen.

 

Unwissenheit

Wir können für unsere Ausbildung sowie autodidaktische Weiterbildung sprechen, dass ein großer Teil dem Thema Anlernen gewidmet ist. Wir setzen uns sehr intensiv mit verschiedenen Ansätzen auseinander, könnten diese bis ins kleinste Detail lerntheoretisch zerlegen und haben in der Praxis verschiedenste (sinnvolle) Techniken handwerklich üben dürfen. Dass beim Anlernen nicht mit positiver Bestrafung gearbeitet wird, ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Dass in einer guten Ausbildung gelehrt wird, wie mit einem Clicker oder Markerwort Verhalten geformt und verkettet (shaping und chaining) werden kann, ist für uns nichts Besonderes, sondern gehört in den Werkzeugkoffer. Geanuso wie die Ergänzung von Training durch (sinnvolle) Beschäftigungsangebote. Nur weil wir bestimmte Techniken und Hilfsmittel nicht, nur selten oder nur in bestimmten Bereichen anwenden, heißt es nicht, dass wir nicht wissen, wie der Umgang damit ist. Es heißt schlichtweg, dass wir es nicht für sinnvoll erachten. Vielmehr setzen wir auf Transparenz was unsere Arbeit angeht. Transparenz heißt auch zu bennen, dass es sich um eine negative Bestrafung handelt, wenn der erwartete Keks ausbleibt, weil das gewünschte Verhalten nicht gezeigt wurde.

 

Hilflosigkeit

Der Mensch weiß nicht weiter, also greift er zur Bestrafung. Nein! Das ist bei uns im Training nicht der Fall. Grundsätzlich ist erstmal die Basis dafür, dass Belohnung und Bestrafung vom Hund angenommen werden, die geklärte Mensch-Hund-Beziehung. Denn das ist für uns das Fundament auf dem alles fußt. Wenn ich als Hund kein kompetentes und orientierenswertes Gegenüber habe, wird der Effekt von Belohnung oder Bestrafung nicht besonders wirkungsvoll sein und wir müssen viel mehr tun, sowohl an Intensität als auch in der Häufigkeit. Das kann nicht das Ziel sein. Wird diese Basis allerdings vor und während dem Trainingsprozess bestärkt, haben wir tolle Möglichkeiten, mit verlgeichsweise wenig viel zu erreichen. Ein dann erfolgendes frühzeitiges soziales Feedback für den Hund in Form von einer positiven oder negativen Bestrafung wird immer gesetzt im Hinblick auf die langfristige Entwicklung und Anpassung des Hundes an den Alltag. Ziel ist das Zusammenleben von Mensch und Hund zu verbessern und dem Hund mehr Freiheiten zu ermöglichen. Es gibt also von uns einen guten Plan an die Hand, der in sich schlüssig ist und Hundehalter:innen befähigt, zu handeln sowie diese aus dem Gefühl der Hilflosigkeit herauszuholen. Dabei ist es uns ein Anliegen, dass Halter:innen selbst verstehen, warum wir bei diesem Hund dieses und jenes empfehlen. Es wird in gewissen Kreisen gerne sugerriert, dass es “nettere” Alternativen gibt, um positive und negative Bestrafung vermeintlich auszuklammern. Auf soziale Fragen nicht einzugehen, Konflikte zu vermeiden, ständig abzulenken, umzulenken, den Versuch, den Hund zu einer dressierten Reiz-Reaktions-Maschine auszubilden oder kaum noch am Alltag teilnehmen zu können, sowie die Freiheiten von Mensch und Hund stark einzuschränken, hat für uns nichts mit sinnvollen Alternativen zu tun. Nur weil etwas netter klingt, ist es das in der Realität nicht. Nette Worte und Labels zu finden, ist leicht, wirklich nachhaltige individuelle Lösungen zu suchen und zu vermitteln, obwohl es für Menschen ein teilweise intensiver Entwicklungsprozess ist zu lernen, mehr bei sich zu bleiben und Konflikte anzugehen, ist die wirkliche Arbeit.

 

Veraltete Vorstellungen von Erziehung

Auch hier fußt die Unterstellung, es würde unreflektiert einfach das übernommen werden, was halt schon da war. Tatsächlich ist unser Prinzip, das "Gute" zu behalten und weiterzuentwickeln und das "Schlechte" in den imaginären Papierkorb zu werfen. Dafür muss man bereit sein, sich links und rechts umzuschauen. Erkenntnisse über Hundetraining setzen sich aus verschiedenen Fachrichtungen zusammen, die nur am besten mit einem neugierigen Geist und Wissensschatz aus der Theorie sowie Erfahrungen aus der Praxis einsortiert und angewendet werden können. Dafür muss der Hund als Wesen erstmal grundsätzlich in seiner Biologie und dem gesellschaftlich bestehenden Anspruch verstanden und sein Verhalten multifaktoriell, also ganzheitlich, betrachtet werden. Wo macht es Sinn, ursprüngliches Verhalten vom Stammvater Wolf zu übertragen und wo eben nicht? Welche Rolle spielt die künstliche Selektion (Domestikation und Zucht) im Rahmen von Kulturgeschichte? Welches Wissen braucht es grundsätzlich über Säugetiere, Genetik und Verhaltensbiologie? Wo darf aus der Pädagogik und Psychologie etwas auf den Hund übertragen werden und wo ist genau das fehl am Platz? Welches Wording ist sowohl fachlich angebracht als auch für die Zielgruppe verständlich?

Qualität in der Arbeit kann nur stattfinden, wenn die Bereitschaft da ist, sich ständig zu hinterfragen und interessiert neue Erkenntnisse und Ideen für sich einzuordnen, sich dabei selbst aus dem Fokus zu nehmen und das eigentliche Thema “Das Zusammenleben von Menschen und Hunden” voran zu stellen.

 

Fehlende Moral / Spaß an Unterdrückung

Diese Unterstellung, wenn sie auch eher indirekt kommt, finden wir besonders schlimm. Wir wollen unbedingt in dem Glauben bleiben, dass die aller, aller, aller meisten Hundetrainer:innen und Verhaltensberater:innen ihren Job ergreifen, weil sie Menschen und Hunde mögen und die Welt der Hundehaltung verbessern und zwischen den Arten "dolmetschen" wollen. Konflikte und soziales Feedback gehören zu Beziehungen dazu. Gerade in unserer Verantwortlichkeit, Hunde in unseren Alltag zu integrieren. Das bedeutet jedoch nicht, dass man immer Spaß daran hat, Konflikte zu führen. Erziehung und Grenzen setzen kann echt nerven. Gerade wenn man fair sein will und Lernprozesse wie die partielle Verstärkung auf dem Schirm hat.

 

Weil es sich einfach gemacht werden will

Hier ist sogar ein Fünkchen Wahrheit mit drin. Wir sehen keinen Gewinn für das Tierwohl, den Menschen oder die Umwelt, wenn ewig an Themen rumgedoktert wird, Dinge unnötig verkompliziert werden, die unserer Meinung nach viel effektiver über Arbeit an der Beziehungsstruktur, Stellvertreterkonflikten und im tatsächlichen Konflikt geklärt werden könnten. Das wiederum heißt aber nicht, dass wir nicht pingelig im Anlernen sind. Der Zeitpunkt, wann in den Konflikt gegangen wird, ist wohl überlegt und an das Mensch-Hund-Team angepasst. In einem Ersttermin Verhalten zu Unterbrechen, halten wir für völlig unangemessen. Zudem sind wir große Freunde von Akzeptanz und Management sowie einer realistischen Idee davon, was Hunde leisten können und nicht zuletzt der Beratung VOR der Anschaffung des Hundes, statt zu hohen Ansprüchen und beim Kauf (ja auch “Adoptionen” sind bedingt durch eine Schutzgebühr) von Spezialisten dem ständigen Kampf gegen die Genetik ausgesetzt zu sein.