Hunde mit Ängsten brauchen keinen Stempel, sondern Orientierung, Geduld und einen sicheren Anker.
Schon während meiner Ausbildung zur Hundetrainer:in war für mich klar, wo mein Schwerpunkt liegt.
Manche Kolleg:innen vertieften sich in Aggressionsverhalten, andere in Jagdverhalten, andere wollten sich alle Themen offen halten. – und ich wusste ziemlich schnell: Mich interessieren vor allem Hunde mit Ängsten.
Warum? Dahinter steckt keine große Geschichte aus meiner Kindheit. Vielmehr ist es diese einfache Tatsache: Ich bin gerne der Anker für jemanden. Ich habe Freude daran, Ruhe und Stabilität zu geben – besonders dort, wo Unsicherheit und Angst den Alltag bestimmen.
Gerade Hunde mit Ängsten brauchen genau das. Sie brauchen Menschen, die sie nicht auf ihre Angst reduzieren, sondern sie in ihrer ganzen Persönlichkeit wahrnehmen.
Allzu oft werden sie vorschnell als „Angsthund“ abgestempelt und in ein starres Label gepackt. Doch ein Hund ist niemals nur seine Angst. Genau das sichtbar zu machen, ist für mich das Herzstück dieser Arbeit.
Die Arbeit mit unsicheren Hunden bedeutet für mich Feingefühl und Genauigkeit. Lerntheoretisches Wissen ist dabei eine Grundlage: zu verstehen, wann ein Hund sensitiviert oder habituiert, welche Voraussetzungen er braucht, um Schritt für Schritt schwierige Situationen bewältigen zu können. Aber genauso wichtig sind Kreativität, Geduld und das genaue Hinschauen. Es gibt keinen fertigen Plan, der einfach aufgeht – jeder Hund lernt auf seine Weise, und genau das macht diese Arbeit so individuell und wertvoll.
Dabei geht es mir nicht darum, Hunde mit Ängsten oder Umweltunsicherheiten als „arme kleine Mäuse“ zu behandeln. Sie können genauso frustriert, vehement oder auch aggressiv reagieren – auch das gehört zu ihnen. Für mich sind sie komplexe Persönlichkeiten, die ernst genommen und verstanden werden wollen.
Und noch etwas: Ich habe nicht nur für die Hunde selbst, sondern auch für ihre Menschen einen besonderen „Sweet Spot“. Meine eigene Hündin Kleo hat mir das eindrücklich gezeigt. Ihr extremes Fluchtverhalten hat mich zu Beginn emotional sehr herausgefordert – und gleichzeitig durfte ich in der Arbeit mit ihr unglaublich viel lernen. Nicht nur theoretisch, sondern mit dem ganzen Körper, mit den Händen.
Diese Erfahrung prägt bis heute meinen Blick auf Hunde mit Ängsten und ihre Halter:innen.